Berufsunfähigkeit & Krankenversicherung im Leistungsfall
Wenn ich berufsunfähig bin, muß ich auf meine Berufsunfähigkeitsrente Krankenversicherungsbeiträge bezahlen ? Das ist eine wichtige Frage, die du dir nicht erst im Leistungsfall stellen solltest. Mit dieser Frage beschäftigst du dich am besten bereits bei Abschluß deiner BU-Versicherung.
Denn je nach Konstellation,
1. was für einen BU-Vertrag du abgeschlossen hast (welche Schicht) und
2. welchen Status du in der Krankenversicherung hast,
gibt es unterschiedlich hohe Abzüge für die Kranken- und Pflegeversicherung von deiner BU-Rente im Leistungsfall.
Besser also du verschaffst dir vorher einen Überblick, dann kannst du die Folgen besser für dich abschätzen.
Hinweis:
Rechengrößen in der Sozialversicherung sollten stets auf Aktualität geprüft werden, da sie sich im Jahresrhythmus ändern. Rechengrößen können zudem unterschiedliche Geltungsbereiche haben, z.B. bundeseinheitlich, alte und neue Bundesländer, etc. Da das Sozialgesetzbuch mit seinen vielfältigen Regelungen zur Krankenversicherung sehr umfangreich ist, können die folgenden Erläuterungen keine abschließende Darstellung mit allen Regelfällen und Ausnahmen sein. Wenn du hier exakte, individuelle Informationen willst, wendest du dich am besten an die Sozialversicherungsträger selbst oder rechtsberatende Berufe.
Hier geht es um einen groben Überblick der häufigsten Konstellationen von BU & Krankenversicherung. Los geht’s…
PKV Private Krankenversicherung bei Berufsunfähigkeit
Im Fall der Berufsunfähigkeit bleibst du zunächst in der Privaten Krankenversicherung (PKV) versichert.
Die Beitragshöhe in der PKV ist grundsätzlich nicht abhängig von der Höhe deiner Einnahmen. Der PKV-Beitrag bestimmt sich nach dem Umfang der gewählten Leistungen, dem Alter und Gesundheitszustand bei Eintritt in die PKV. Daher bleibt der Beitrag bei einer Berufsunfähigkeit in gleicher Höhe wie bisher bestehen. Bist du Angestellter und hast in gesunden Tagen bislang den Arbeitgeberzuschuss bekommen, fällt dieser im Krankheitsfall mit dem Ende der Lohnfortzahlung leider weg. Das hat zur Folge, daß du im BU-Fall deinen PKV-Beitrag komplett alleine bezahlen mußt. Warst du bislang Selbstständiger, dann hast du deinen gesamten PKV-Beitrag sowieso schon die ganze Zeit alleine bezahlt.
D.h. wenn du in der PKV bist, sollte deine versicherte BU-Rente von Anfang an, so hoch sein, daß du deinen vollen PKV-Beitrag neben deinem gewünschten Lebensstandard abgesichert hast. Lediglich der Beitragsteil für die Krankentagegeldversicherung (KTG) fällt bei einer Berufsunfähigkeit weg. Damit du deine KTG-Versicherung nach einer eventuellen Genesung nach der Berufsunfähigkeit wieder ohne erneute Gesundheitsprüfung fortsetzen kannst, solltest du unbedingt auf eine Anwartschaft umstellen. Der Beitrag dafür beträgt ca. 30-40% des normalen Beitrags für dein Krankentagegeld.
Für manchen Berufsunfähigen kommt es in dieser Situation zu einer Abwägung über das Für und Wider der eigenen PKV. Wer gerade wenn er krank ist, seine PKV und die Behandlungsmöglichkeiten schätzt und die Beiträge gerne bezahlt, wird Möglichkeiten suchen in der PKV zu bleiben. Wer das nicht möchte, wird Möglichkeiten suchen zurück in die gesetzliche Krankenversicherung zu gelangen.
Fazit PKV: Der beste Weg ist in jedem Fall, daß du von Beginn an auf eine ausreichend hohe BU-Absicherung achtest.
2-Minuten-Exkurs: KVdR = Krankenversicherung der Rentner
Die KVdR ist keine extra Krankenkasse mit Sitz in irgendwo. Die KVdR ist ein Status von gesetzlich Krankenversicherten die als Bezieher von bestimmten gesetzlichen Renten weiter Mitglied in ihrer bisherigen GKV (AOK, Barmer, …) bleiben. Das gilt sinngemäß auch für die PVdR als Pflegeversicherung der Rentner. In die KVdR kommst du nur als Pflichtmitglied. Pflichtmitglied wirst du nur wenn du eine gesetzliche Rente bekommst. Das kann eine gesetzliche Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente sein. Parallel musst du für die KVdR bestimmte Vorversicherungszeiten erfüllen. Die KVdR ist eine nachrangige Versicherungspflicht. Das bedeutet, daß andere Krankenversicherungstatbestände vorrangig den Versicherungsschutz begründen wie z.B. sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, Hauptberufliche Selbstständigkeit etc. KVdR-Versicherte zahlen geringene Beiträge als Freiwillig Krankenversicherte der GKV, da nicht alle Einkünfte beitragspflichtig sind.
Die GKV Familienversicherung verdrängt die KVdR nicht.
BU-Rente als bAV Betriebsrente (Schicht 2)
Bist du in der PKV versichert und hast eine BU-Rente als Teil einer betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen, zahlst du bei Berufsunfähigkeit weiter deinen PKV-Beitrag wie oben im Abschnitt zur PKV bei Berufsunfähigkeit beschrieben.
Für gesetzlich Pflichtversicherte der KVdR und für Freiwillig Krankenversicherte der GKV gilt folgendes:
Berufsunfähigkeitsrenten die über den Betrieb als Teil einer betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen wurden, sind in der Leistungsphase in der Kranken- und Pflegeversicherung zu verbeitragen. D.h. von deiner BU-Rente werden vor der Auszahlung an dich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge abgezogen. Der genaue Berechnungsmodus ist für Pflichtversicherte der KVdR und Freiwillig Krankenversicherte der GKV etwas unterschiedlich (KVdR hat Freibetrag Krankenversicherung und Freigrenze Pflegeversicherung jeweils 1/20tel der monatlichen Bezugsgröße, d.h. im Jahr 2020 sind das monatlich 159,25 €).
Die Verbeitragung erfolgt bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung. Diese beträgt 2020 bundeseinheitlich 4.687,50 € monatlich. Die Abzüge berechnen sich aus dem allgemeinen Beitragssatz 14,60% + Zusu erhalten.
GKV Gesetzliche Krankenversicherung Pflichtmitglied
Im wesentlichen geht es bei der gesetzlichen Krankenversicherung darum, ob du eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente (EMR) beziehst oder nicht. Bekommst du eine EMR wirst du damit im Regelfall Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner. Das hat für den BU-Rentner die angenehme Folge, daß eine private BU-Rente nicht in der Kranken- und Pflegeversicherung zu verbeitragen ist.
Deine private BU-Rente bleibt dir also ohne Abzüge von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen voll erhalten.
Das gilt für eine Rürup-Rente+BUZ Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Schicht 1).
Das gilt für eine Rentenversicherung+BUZ (Schicht 3).
Das gilt für eine Risikolebensversicherung+BUZ (Schicht 3).
Das gilt für eine SBU Selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung (Schicht 3).
Typische Fälle wann es mit EMR und der KVdR-Pflicht nicht klappt:
Du erfüllst die erforderliche Vorversicherungszeit für die KVdR nicht.
Du bist neben dem EMR Rentenbezug hauptberuflich selbstständig tätig mit mehr als geringfügigen Einnahmen.
Du führst eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus.
Dein EMR-Antrag wird abgelehnt. Laut Statistik der Deutschen Rentenversicherung passiert das in 44% aller Fälle.
GKV Gesetzliche Krankenversicherung Freiwilliges Mitglied
Im wesentlichen geht es bei der gesetzlichen Krankenversicherung darum, ob du eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente (EMR) beziehst oder nicht. Bekommst du keine EMR (und bist nicht in der PKV) wirst du Freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung. Als Freiwilliges Mitglied ist deine gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Grundlage für die Beitragsberechnung zur Kranken- und Pflegeversicherung. Welche Einnahmen zu verbeitragen sind, dazu gibt es einen Katalog des Spitzenverbandes der GKV.
Verbeitragt wird so ziemlich alles was es an Einnahmequellen gibt, auch deine BU-Rente.
Die Verbeitragung erfolgt bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung. Diese beträgt 2020 bundeseinheitlich 4.687,50 € monatlich. Die Abzüge berechnen sich aus dem ermäßigtem Beitragssatz 14,00% + Zusatzbeitrag der Krankenkassen (Durchschnitt) 1,10% + Pflegebeitrag 3,30% (Allgemein 3,05%, Kinderlose ab 23 Jahre 3,30%).
Als grobe Faustformel reduzieren Kranken- und Pflegeversicherung deine BU-Rente um 20%.
Das gilt für eine Rürup-Rente+BUZ Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Schicht 1).
Das gilt für eine Rentenversicherung+BUZ (Schicht 3).
Das gilt für eine Risikolebensversicherung+BUZ (Schicht 3).
Das gilt für eine SBU Selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung (Schicht 3).
Was ist mit der GKV Familienversicherung ?
Die Familienversicherung der GKV hat den Vorteil der beitragsfreien Versicherung von bestimmten Familienmitgliedern. Damit du davon profitieren kannst, musst du allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Die wichtigste für dich als BU-Rentner ist, daß du gewisse Einkommensgrenzen nicht überschreitest.
Das sog. Gesamteinkommen darf nicht größer als 1/7 der Bezugsgröße = 455 € pro Monat sein.
Deine BU-Versicherung ist in der Praxis hoffentlich höher als 455 € monatlich.
Damit ist eine beitragsfreie GKV Familienversicherung nicht möglich.
Rettungsanker versicherungspflichtige Beschäftigung ?
Wenn du in der GKV Freiwilliges Mitglied bist, suchst du natürlich Wege um die Verbeitragung aller deiner Einnahmen zu vermeiden. Eventuell ist das ja durch die Aufnahme einer Beschäftigung in dem Umfang möglich, daß eine Versicherungspflicht in der GKV ausgelöst wird. Ob dir die Arbeitsaufnahme in dem gewünschten Umfang überhaupt gesundheitlich möglich ist, ist nicht vorhersagbar und keine verlässliche Option. Deine Berufsunfähigkeit kommt schließlich nicht von ungefähr und ist gerade die Folge deines anhaltend schlechten Gesundheitszustands.
Fazit
Wie du siehst, können die Konstellationen sehr unterschiedlich sein.
Wenn du in der PKV bist, achte darauf, möglichst den vollen PKV-Beitrag (Arbeitgeber und Arbeitnehmeranteil) in deine BU-Rente zu packen. Kann sein, daß du hier an die Grenzen der Versicherbarkeit von BU-Renten stößt.
Bei den gesetzlich Krankenversicherten lässt sich der Status im Leistungsfall in Ermangelung einer Glaskugel nicht vorhersagen.
Daher empfehle ich min. 20% der BU-Rente für die Krankenversicherung einzuplanen.
Und Achtung – Steuer ist weiteres Thema !